„Blitz“: Harte Bandagen gegen Betriebsratswahl

Nach außen konziliant, nach innen knallhart – mit einer Doppelstrategie setzt die Geschäftsleitung des größten Anzeigenblatts im Land alle Hebel in Bewegung, um die Belegschaft von der Wahl einer Interessenvertretung abzuhalten. Einer Mitarbeiterin wurde sogar fristlos gekündigt.

„Selbstverständlich haben wir (...) deutlich gemacht, dass wir Betriebsratsinitiativen im Rahmen unserer gesetzlichen Pflichten unterstützen werden, wenn die Belegschaften unseres Hauses entsprechende Initiativen einleiten und durchführen.“ Holger und Udo Timm, die Geschäftsführer der Mecklenburger Blitz Verlag und Werbeagentur GmbH & Co. KG, präsentieren sich in einem Brief an die Gewerkschaften ver.di und DJV als Freunde innerbetrieblicher Mitbestimmung.

Hinter der Kulisse schönen Scheins sieht es anders aus, wie der Deutsche Journalisten-Verband Mecklenburg-Vorpommern in der neuesten Ausgabe seiner Zeitschrift „Kiek an“ berichtet: „Demoralisieren, verhindern und drohen. Das ist die Devise.“

Besonders schmerzhaft habe dies eine Kollegin erfahren, die sich als Verlagsleiterin für die Wahl des Betriebsrates einsetzte: „Nach zwanzig Jahren in den Diensten des Blitzes erhielt sie die fristlose Kündigung – nachdem sie sich bereit erklärt hatte, in der Arbeitsgerichtsverhandlung als Zeugin für den Wahlvorstand aufzutreten. Zum Weihnachtsfest fand die alleinerziehende Mutter, die zudem noch schwerbehindert ist, die Quittung für ihr Engagement im Briefkasten.“

Der Schlag hat gesessen, selbst wenn die Geschasste vor Gericht noch eine Abfindung erstreiten konnte. Das Signal sei überdeutlich, bringt es der DJV-Landesvorsitzende Kai Voigtländer in dem Beitrag auf den Punkt: „Wer sich was traut, der fliegt. Entsprechend ist die Stimmung an den sieben Blitz-Standorten. Und entsprechend ängstlich sind die Beschäftigten geworden.“

Die Geschäftsführer des mit rund 800.000 Exemplaren größten Anzeigenblatts im Land hatten zuvor mit Hilfe des in der Medienbranche sattsam bekannten Anwalts Johannes Weberling geschickt die juristischen Register bedient. Einen ersten Anlauf zur Wahl eines Betriebsrates für die sieben Verlagsstandorte stoppten sie per einstweiliger Verfügung auch mit dem Argument, dass die rund 2000 auf geringfügiger Basis beschäftigten Zusteller nicht als wahlberechtigte Arbeitnehmer einbezogen worden seien. Zudem müssten an allen Standorten eigene Betriebsräte gewählt werden.

Die Konsequenzen wären erstaunlich. Legt man sieben Betriebe mit jeweils mehr als 200 Beschäftigten zugrunde, hätte an jedem Ort ein neunköpfiger Betriebsrat mit jeweils einem für sein Engagement ganz von der Arbeit freizustellendem Mitglied gebildet werden müssen.

Der Gefahr von so viel Mitbestimmung wollten sich die „Blitz“-Bosse dann doch nicht aussetzen. Kurz nach dem Gerichtstermin wurde am 28.12.2012 im Handelsregister die Mecklenburger Blitz Zustellgesellschaft mbH eingetragen. Zwei Monate später wurden die Zusteller in die neue Firma ausgegliedert.

Für die Belegschaften in noch „betriebsratsgefährdeten“ Zone gibt es weiter kräftig Sperrfeuer. Dem Angebot der Gewerkschaften, gemäß der gesetzlichen Bestimmungen bei den Wahlvorbereitungen Unterstützung zu leisten, gaben die Blitz-Oberen flugs einen Korb. Die für die ordnungsmäße Wahl von Betriebsräten erforderlichen Adressen der Mitarbeiter könne man aus Datenschutzgründen nicht herausgeben. Erst einmal sollten die Gewerkschaften nachweisen, ob sie überhaupt im Verlag vertreten sind. Das ist kein Problem – aber es kostet wieder Zeit, in der zudem der Verlag weiter um- und neustrukturiert werden kann. 

Als „nicht zielführend“ abgebügelt wurde der Vorschlag, einen Mediator einzuschalten, der die Betriebsratswahlen begleitet. Dabei hätte Norbert Nieszery, SPD-Fraktionschef im Landtag, als Vermittler bei dem Konflikt zur Verfügung gestanden.

DJV-Vertreter Kai Voigtländer stellt auch die Frage, „welche Rolle eigentlich die Gesellschafter des ,Blitz'-Verlages in diesem Verhinderungs-Poker spielen“. Schließlich seien die Verlage des Nordkuriers, der Schweriner Volkszeitung und der Ostsee-Zeitung zu gleichen Teilen Anteilseigner.

12. April 2012