Dr. Elke Grittmann
Der Wert der journalistischen Arbeit war Thema des 23.
Journalistentages der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union
in ver.di, der 150 Teilnehmer in Berlin zusammenführte. Vor ihnen
berichtete Dr. Elke Grittmann von der Universität Lüneburg aus der
wissenschaftlichen Inhaltsanalyse der monopolisierten
Tageszeitungslandschaft in Mecklenburg-Vorpommern und
Schleswig-Holstein. Aus den Ergebnissen der an der Universität Hamburg
erarbeiteten Untersuchung mit dem Titel „Vereinheitlichung statt
Vielfalt?“ leitete sie Indikatoren für einen „inhaltlichen
Vielfaltsverlust und eine Gefährdung der Qualität“ ab.
Zwar bemühten sich Journalisten in den wenigen Blättern noch immer um einen regionalen Bezug der Berichterstattung, doch Hintergründe blieben oft unberücksichtigt, zeitaufwändige Darstellungsformen wie Reportage, Porträt oder Interview auf der Strecke.
Über die Initiative „Unser Land braucht seine Zeitungen. Qualität
und Vielfalt sichern.“ berichtete Robert Haberer den Teilnehmern des
Journalistentags. Sie bedachten das Beispiel gewerkschaftlicher und
gesellschaftlicher Gegenwehr mit großem Beifall. Die öffentliche
Debatte um den Abbau journalistischer Standards im der
hochkonzentrierten Medienlandschaft im Nordosten hat mittlerweile den
Schweriner Landtag erreicht.
Detlef Hensche
„Die Bedingungen für Unabhängigkeit und Qualität der Medien haben sich massiv verschlechtert“, analysierte ver.di-Vize Frank Werneke. Der Arbeitsalltag sei durch Leistungsverdichtung, Stellenverluste, Knebelverträge und schlechte Honorierung für Freie, die Filetierung Zeitungshäusern, Ausgründungen, den massiven Einsatz von Leiharbeit und wachsende Tarifflucht gekennzeichnet.
„Mehr Respekt der Verleger vor Kosten und Renditen als vor
journalistischer Leistung“, machte Detlef Hensche aus. Der einstige
Vorsitzende der Gewerkschaft IG Medien verwies auf den „sich
ölfleckartig ausbreitenden Niedriglohnsektor“ auch im Medienbereich,
der zudem Unterbietungskonkurrenz unter den Journalisten befördere. Nur
„Druck und kollektive Selbsthilfe“ könnten zunehmender Polarisierung,
wachsender Armut und der Unterbietungskonkurrenz in den eigenen Reihen
wirksam entgegenwirken. Hensche zählte Mindeststandards für eine
sachgerechte Entlohnung auf.
Dazu gehöre, dass journalistische Arbeit als anspruchsvolle
Tätigkeit „konstituierend für die Demokratie“ und gesellschaftlich
grundsätzlich „nicht rationalisierungsfähig“ sei. Ein „schleichender
Ausverkauf fachlicher Kompetenz“ sollte auch diejenigen Journalistinnen
und Journalisten zum Widerstand motivieren. Hensche sah einen „festen
Zusammenhang“ zwischen Arbeitsbedingungen und Entlohnung darin, dass
beide erst „Freiheit und Zeit für Qualitätsjournalismus“
schaffen.