Schweriner Landtag diskutiert Lage der Heimatzeitungen

Die Sorgen um Qualität und Vielfalt der Zeitungen in Mecklenburg-Vorpommern ziehen immer weitere Kreise. Bei der aktuellen Stunde des Landtags am 2. Juli sprachen sich Vertreter von Linkspartei und CDU für eine Anhörung im Innenausschuss aus.

Botschaft angekommen: Die Debatte über Qualität und Vielfalt in den Medien wird nun im Schweriner Landtag geführt.

Drastischer Personalabbau bei der Schweriner Volkszeitung, Tarifflucht und Zerschlagung des Nordkuriers in viele kleinen Firmen, der zunehmende Einfluss der Lübecker Nachrichten auf die Ostsee-Zeitung – bei der von der Linkspartei beantragten aktuellen Stunde des Landtags in Schwerin kam alles auf den Tisch, was sich derzeit hinter den Kulissen der Presse in Mecklenburg-Vorpommern abspielt. Die Entwicklung gebe Anlass zur Sorge um die Pressevielfalt, die Qualität der Berichterstattung und die Bewahrung regionaler Identität, so Wolfgang Methling, Vorsitzender der Fraktion.

Er fand auch sonst klare Worte. „Wir unterstützen die Reform des Landespressegesetzes.“ Es gelte die innere Pressefreiheit in den Redaktionen zu stärken und die Besitzverhältnisse der Verlage transparenter gestalten. Die Medien spielten eine zentrale Rolle in der Demokratie, so Methling. „Lassen Sie uns ein deutliches Zeichen setzen: Unser Land braucht seine Zeitungen.“

Dass anschließend Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) selbst das Wort ergriff, unterstrich die Brisanz der Debatte. Es sei nicht die Aufgabe der Politik, sich in unternehmerische Entscheidungen einzumischen, gab der Sozialdemokrat zunächst kontra. Allerdings müssten neben den wirtschaftlichen Interessen auch die Interessen der Mitarbeiter und Leser „angemessen bewahrt“ werden. Nur so lasse sich die Pressevielfalt erhalten.

ver.di-Landesvorsitzender ruft
Parlament zum Handeln auf

Mit seinem Brief an die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Parteien im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hat ver.di-Landesbezirks-Vorsitzender Rüdiger Timmermann  die Notwendigkeit unterstrichen, das Pressegesetz Mecklenburg-Vorpommerns zu überarbeiten. „Die ,vierte Gewalt‘ kann ihre wichtige Aufgabe für unsere demokratische Gesellschaft nur wahrnehmen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen“, heißt es in dem Schreiben. „Publizistische Qualität und Vielfalt brauchen neben den materiellen Voraussetzungen eine Kultur des Dialogs. Diese zu fördern und ihr einen festen Rahmen zu geben, sehen wir als Ziel.“

Im Namen von ver.di und den anderen Partnern der Initiative „Unser Land braucht seine Zeitungen. Qualität und Vielfalt sichern.“ ruft er die Abgeordneten aller Fraktionen zum Handeln auf. „Durch eine Überarbeitung des Landespressegesetzes können Sie einen wichtigen Beitrag leisten, um Rahmenbedingungen für die Medien in Mecklenburg-Vorpommern  dauerhaft zu verbessern:

  • Transparenz herzustellen über die wirtschaftlichen Verflechtungen ist ein Gebot der Stunde.

  • Publizistische Qualität und Vielfalt brauchen neben den materiellen Voraussetzungen eine Kultur der Mitsprache und Mitwirkung. Diese zu fördern und ihr einen festen Rahmen zu geben, sehen wir als Ziel für eine Novellierung des Landespressegesetzes.

  • Um das öffentliche Bewusstsein für die Medien zu fördern, bedarf es einer ständigen Beachtung des Themas durch die Politik, etwa durch einen regelmäßigen, wissenschaftlich begleiteten Bericht zum Stand der Pressefreiheit.“

CDU-Fraktionschef Armin Jäger wies zuerst die Vorschläge der Linkspartei scharf zurück. Die Zeitungen müssten nun einmal als Wirtschaftsunternehmen agieren. „Dass es publizistischer Vielfalt und redaktionellen Inhalten an den Kragen geht, kann ich nicht glauben.“

Allerdings: Auch die Christdemokraten wollen sich jetzt des Themas annehmen. Ebenso wie Methling forderte Jäger eine Anhörung im Innenausschuss. Dieser dürfte nach den Mehrheitsverhältnissen in Schwerin damit nichts mehr im Wege stehen.

Nur für die FDP scheint die Welt bei den Medien noch so richtig in Ordnung. Die strikte Trennung zwischen Geschäftsführungsbereich und Chefredaktionen funktioniere, so Fraktionschef Michael Roolf. Der Politiker griff Argumentationsmuster der Verleger, wenn er zur Kooperation von Ostsee-Zeitung und Lübecker Nachrichten bilanziert: „Es ist egal, ob der Schreibtisch eines Redakteurs in Lübeck oder Rostock steht.“

Das sah Reinhard Dankert von der SPD-Fraktion völlig anders: „Gute Journalisten müssen vor Ort sein.“ Die Eigenständigkeit der Ostsee-Zeitung sei durch das Kooperationsprojekt sehr wohl gefährdet. „Die Zeitung der Zukunft, wie sie manchem Zeitungsmanager vorschwebt, wird das Land und seine Regionen nicht mehr so abbilden können, dass die Menschen sich darin wieder finden können.“

Die Gewerkschaft ver.di und der Deutsche Journalisten-Verband werteten die Aktuelle Stunde als wichtiges Signal. „Das Bewusstsein für die Bedeutung der Tageszeitungen und ihre Probleme ist offenbar gewachsen. Daraus muss jetzt konkretes politisches Handeln werden, um die notwendigen Rahmenbedingungen für guten Journalismus zu schaffen“, erklärte Rüdiger Timmermann vom ver.di-Landesbezirk Nord. Er hatte sich zuvor noch einmal in einem Brief an die Partei und Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Parteien im Schweriner Landtag gewandt und die Bedeutung einer Überarbeitung des Landespressegesetzes bekräftigt (siehe rechts).

2. Juli 2008