Warnstreik bei Ostsee-Zeitung gegen „Nordopfer“

Weil sie angesichts ständig wachsender Arbeitsbelastung und guter wirtschaftlicher Lage des Verlages eine Schlechterstellung bei den Tarifen nicht akzeptieren wollen, haben Journalisten bei Mecklenburg-Vorpommerns größter Tageszeitung, die zum Madsack-Konzern gehört, die Arbeit niedergelegt.

Streikende Redakteure vor dem Pressehaus in Rostock.

Vor dem Hintergrund der weiter zunehmenden Arbeitsbelastung und der von der Geschäftsleitung geplanten personellen Einschnitte sind  Redakteure der Ostsee-Zeitung in einen befristeten Ausstand für eine Erhöhung ihrer Gehälter getreten. Es sei eine Zumutung, dass die Arbeitgeber unter diesen Bedingungen in der aktuellen Gehaltstarifrunde praktisch eine Nulldiät und erneut eine deutliche Schlechterstellung des Nordens gegenüber den Kollegen in den südlichen Bundesländern fordern.

Dass der Madsack-Konzern, der bei der Ostsee-Zeitung trotz hoher Gewinne in den vergangenen Jahren ein Viertel der Stellen in der Redaktion abbauen will, nun auch noch eine Sonderbehandlung bei der Gehaltsentwicklung in Form eines weiteren „Nordopfers“ fordert, bringe das Fass zum Überlaufen, begründete der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) den bundesweit ersten Aufruf zur Arbeitsniederlegung in dieser Tarifrunde. Bereits beim Abschluss 2014 hatten die Verlage in den nördlichen Bundesländern mit einer Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld eine Sonderbehandlung erhalten.

Unterstützung für Arbeitskampf von Kollegen und aus der Politik

Unterstützung erfuhren die Streikenden von vielen Berufskollegen aus ganz Deutschland, aber auch von der Politik in Mecklenburg-Vorpommern. Der medienpolitische Sprecher und Fraktionschef der Linken im Schweriner Landtag, Helmut Holter, meldete sich mit einer Mitteilung: „Die Journalistinnen und Journalisten sowie andere Beschäftigte in den Zeitungsverlagen, die sich täglich mit großer lokaler Kompetenz für unsere Zeitungen engagieren, verdienen Solidarität und Unterstützung. Der anhaltende Personalabbau und die damit einhergehende Arbeitsverdichtung und steigende Belastung geht auf Kosten der Beschäftigten und auch der Vielfalt und Qualität.“

Der Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Suhr, signalisierte Unterstützung: „Der Warnstreik von Redakteuren der Ostseezeitung ist für mich daher nicht nur ein Protest gegen die geplanten Stellenstreichungen sondern gleichzeitig ein engagiertes Werben für den Qualitätsjournalismus. Auch wirtschaftlich sind Stellenkürzungen aus meiner Sicht kurzsichtig. Leserinnen und Leser erwarten Qualität, nur so lassen sich Abonnenten langfristig binden. Die Medienunternehmen sind gut beraten, die Warnstreiks ernst zu nehmen und sich mit diesem Anliegen ernsthaft auseinanderzusetzen.“

Die Gewerkschaften DJV und ver.di fordern bundesweit eine Erhöhung der Gehälter um 4,5 bzw. 5 Prozent. Sie verweisen darauf, dass die Reallöhne für diese verantwortungsvolle Arbeit in den vergangenen 15 Jahren stetig gesunken und deutlich gegenüber anderen Berufsgruppen zurückgefallen sind.

Der Madsack-Konzern, zu dem auch die Lübecker und Kieler Nachrichten sowie Zeitungen in Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen und Hessen gehören, zählt zu den 5 führenden Verlagsgruppen in Deutschland. Größter Einzelgesellschafter ist die SPD-Medienholding DDVG.
12. April 2016