Warnruf in die selbst gemachte Stille: „Sparen, bis die Leser gehen?“

Die Zeitungsbranche als Thema für kritische Wirtschaftsberichterstattung - in Deutschlands Medien eine Seltenheit. Ja keinen hinter die Kulissen schauen lassen, getreu dem dem Motto „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“. Nur so lässt sich das konzertierte Schweigen erklären. Doch es gibt Ausnahmen, wie den Beitrag „Sparen, bis die Leser gehen?“ aus der aktuellen ZEIT, der die gegenwärtige Situation der Branche in vielerlei Hinsicht auf den Punkt bringt.

Die Gesamtauflage sinkt seit Jahren - und vor allem hat die Zahl der jungen Leser abgenommen. Deutschlands Zeitungen stehen unter Druck, wie in anderen Industrieländern auch.

Dafür gibt es mehrere Erklärungen: Die einfachste: Das Internet ist ein Massenmedium geworden, kann aktuelle Nachrichten schneller und billiger verbreiten als gedruckte Zeitungen. Doch viel spricht dafür, dass überzogene Renditeerwartungen und strategische Fehler schwerer wiegen.

Bei Verlagen wie der Südwestpresse und der Sächsischen Zeitung werden inzwischen Renditen von 20 Prozent und mehr eingefahren - Gewinne, von denen andere Branchen nur träumen können. So erreichte der boomende Thyssen-Konzern in den ersten neun Monaten seines laufenden Geschäftsjahres eine Rendite von gerade mal 6,6 Prozent.

Konnten die Verlage früher vor allem dank ihrer Monopolstellung bei Anzeigenkunden und Lesern kräftig kassieren, haben sie nun ihre eigenen Angestellten als wichtigste Sparquelle entdeckt: Jeder dritte Job ist gestrichen worden, zudem sind die Honorare für frei Journalisten merklich gesunken.

Doch das geht auf Kosten der Qualität. Wirtschaftswissenschaftler sehen Parallelen zur deutschen Autoindustrie in den 90er-Jahren, die auf die Herausforderung durch japanische Hersteller mit rigiden Kostensenkungsprogrammen reagierte. Nur ein paar Jahre später sackten deutsche Autos in der Pannenstatistik nach unten, Kunden wandten sich ab.

Was beim Auto die Panne ist, ist im Journalismus die Ente. Wobei es mehr als die klassische Falschmeldung gibt. Unzureichend recherchiert, fahrlässig geschrieben, den Interessen eines Anzeigenkunden folgend - schlechter Journalismus hat viele Formen.

Schwer erklärlich nur, warum mit den Konzernen Springer und WAZ zwei besonders harte „Sparkommissare“ am Ende relativ gut wegkommen. Denn trotz deren wegweisender Internet-Konzepte sind auch dort die kritisierten Qualitätsprobleme unübersehbar.

(Quelle: DIE ZEIT, 20.09.2007 Nr. 39)

8. November 2007