Bittere Bilanz in Neubrandenburg: Ein Verlag wurde zerlegt

Ausgliederung, Schließung, Entlassung – alle Instrumente aus der Arsenal der selbst ernannten Unternehmens-Sanierer wurden beim Nordkurier in den vergangenen Monaten angewendet. Der umstrittene Geschäftsführer Schumacher exekutierte die Zerlegung eines Regionalverlages.

Nachdem der Kurierverlag Mitte 2007 seinen Ausstieg aus der Tarifbindung verkündet hatte, wurde das Unternehmen mittlerweile in rund ein Dutzend Einzelbetriebe zerlegt. Neueinstellungen oder der Abschluss neuer Arbeitsverträge erfolgen hier zu Konditionen, die die bisher gültigen Tarifstandards hinsichtlich Lohn und Gehalt, Arbeitszeit und anderen Arbeitsbedingungen deutlich unterschreiten. So liegen die Gehälter von neu eingestellten Redakteuren oder Volontären teilweise mehr als 20 Prozent unter den bislang üblichen Gehältern – bei längerer Arbeitszeit.

Im Frühsommer 2008 wurde dann mit dem Kahlschlag in den technischen Abteilungen des Verlags begonnen. Zunächst wurde die Abteilung Druckvorstufe geschlossen – sechs Kolleginnen bzw. Kollegen erhielten den blauen Brief oder wurden für ein Jahr in eine Qualifizierungsgesellschaft transferiert.

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Arbeitsbedingungen beim Nordkurier seit Jahren unter Druck

Im Herbst erfolgte dann das Aus für das bereits im Jahr 2006 ausgegliederte Tochterunternehmen MV-Medien-Service, das vor allem Arbeiten im Anzeigensatz ausführte. Die Aufträge werden seither – in stark verminderter Qualität – von der Leipziger Fremdfirma S:C:S erledigt. Die Schließung des Betriebes bedeutete für knapp 30 Kollegen die Entlassung.

Gleich nach Beginn des neuen Jahres senkte der in der Branche als Brutalsanierer berüchtigte Geschäftsführer Lutz Schumacher dann den Daumen für die Mantelredaktion. Mit der inzwischen vom Kartellamt genehmigten paritätischen Beteiligung an der Schweriner mv:m, einem ausgegliederten Betrieb der Schweriner Volkszeitung, sind die Weichen für eine radikale Ausdünnung der Neubrandenburger Manteltredaktion gestellt, in der gegenwärtig noch knapp 30 Journalisten arbeiten. Die überregionalen Mantelseiten sollen zukünftig sukzessive in Schwerin produziert werden. In Neubrandenburg soll dem Vernehmen nach lediglich noch eine „Regionalisierung“ stattfinden. Dies läuft auf eine Rumpf-Besatzung hinaus, deren Zahl die Gnade des Geschäftsführers diktiert. Ein Teil der Mitarbeiter soll – vermutlich schlechter dotierte - Angebote im Online-Bereich, als PR-Journalisten und in geringer Zahl möglicherweise auch in Schwerin bzw. in den Lokalredaktionen der Regionalverlage erhalten. Für die anderen bleibt vermutlich nur der Gang zum Arbeitsamt.

Von Entlassung bedrohte Mitglieder des Betriebsrates, die in den stillgelegten Bereichen gearbeitet haben und Kündigungsschutzklage eingereicht hatten, wurden in einem gerichtlichen Vergleich zur Aufgabe ihres Mandats gebracht. Durch den rigiden Sparkurs wurde zugleich der gewählte Betriebsrat, der sich bis heute vehement für die Interessen der Belegschaft stark macht, zur Neuwahl gezwungen. Zuvor hatte allerdings die Geschäftsführung in einer Betriebsvereinbarung zugesichert, den gewählten Betriebsrat bis zum Ende der Legislaturperiode anzuerkennen. Beobachter beschreiben das Vorgehen der Leitung als eine Mischung aus gezielter Desinformation und Stimmungsmache, Manipulation bis hin zu klaren Rechtsbrüchen, die das Minimum an demokratischer Mitsprache in dem Medienunternehmen weiter beschränkt.

17. Februar 2009