Ostsee-Zeitung steckt Millionen in neue Technik

Zweiter Schritt bei der Erneuerung der Technik der Ostsee-Zeitung: Nach dem Austausch der Druckmaschine im Jahr 2006 soll 2011 eine moderne Weiterverarbeitungslinie installiert werden. Abgewendet werden konnte die zunächst geplante Verlagerung von Druckaufträgen nach Lübeck.

„Große Investition“, „klares Bekenntnis zum Druckstandort Rostock“, Sicherung der „Wettbewerbsfähigkeit unseres Verlages“ - mit gut gelaunten Worten pries Geschäftsführer Thomas Ehlers per Hausmitteilung die Nachricht, dass die Gesellschafter drei Millionen Euro für die neue Weiterverarbeitung der Ostsee-Zeitung (OZ) freigegeben haben. In der Tat eine überfällige und dringend nötige Investition, hat doch die alte Weiterverarbeitung, mit deren Hilfe Zeitungsbeilagen gesteckt werden und am Ende das Packen in Pakete erfolgt, fast 20 Jahre auf dem Buckel.

Die frohe Botschaft sorgte zunächst jedoch für reichlich Krach hinter den Kulissen des Zeitungshauses. Hauptgrund dafür: Im gleichen Zuge wurde bekannt gegeben, dass künftig zwei Lokalausgaben der OZ - Wismar und Grevesmühlen - und damit ein Fünftel der Gesamtauflage bei den Lübecker Nachrichten (LN) gedruckt werden sollen. Begründung: Es gehe dann technisch nicht mehr anders, wenn der pünktliche Ausdruck und die Zustellung der Zeitungen bis spätestens 6 Uhr weiter garantiert werden sollen.

Kieler Belegschaft macht gegen drohende Kündigungen mobil

Es formiert sich zunehmend Widerstand gegen unsoziale Umstrukturierungen in der Mediengruppe: Bei den Kieler Nachrichten, auf die Madsack mittlerweile ebenfalls entscheidenden Einfluss gewonnen hat, verhandeln Geschäftsführung, Betriebsrat und Gewerkschaften über Alternativen zu drohenden betriebsbedingten Kündigungen.

Angesichts drohender Entlassungen in verschiedenen Bereichen des Verlages hatte ver.di im Namen der Mitglieder die Forderungen nach einem Sozialtarifvertrag erhoben. Die Rahmen der Gespräche sagte die Geschäftsführung auch zu, einem vom Betriebsrat benannten Sachverständigen Einblick in Bilanzdaten zu gewähren.

Von dem darauf folgenden Aufschrei wurde die Geschäftsführung möglicherweise selbst überrascht, denn inzwischen kam der Rückzieher. Beide Ausgaben sollen nun doch weiter in Rostock gedruckt werden, was vom Betriebsrat ausdrücklich begrüßt wurde. Offizielle Begründung: Man habe nach genauer Prüfung noch eine andere Lösung gefunden.

Dass neue Technik wie fast immer auch den Abbau von Arbeitsplätzen mit sich bringt, war zu erwarten. So soll künftig eine moderne Weiterverarbeitungslinie das leisten, wofür bisher drei Linien bereit standen. Die Geschäftsführung kündigt „sozialverträgliche Lösungen“ an, es werde keine Entlassungen geben.

Der energische Protest des Betriebsrates und vieler Mitarbeiter hatte seinen Grund: Es wären nicht nur in Rostock täglich auf einen Schlag 30 000 Exemplare der Tageszeitung weniger gedruckt worden. Die Verlagerung wäre auch für die Redaktion ein schwerer Schlag ins Kontor gewesen. Da die genannten Lokalausgaben in Lübeck zuerst produziert worden wären, hätte für diese der Redaktionsschluss um bis zu zwei Stunden vorverlegt werden müssen.

Auf jeden Fall ein Politikum erster Güte, denn bisher profitierte vor allem Lübeck, seit Anfang 2009 hundertprozentiger Gesellschafter der OZ, von der von Ehlers ausgegebenen Devise „Zwei Verlage, eine Zukunft“. Größter Einschnitt war das Zusammenlegen großer Teile der Mantelredaktionen beider Blätter am Standort Lübeck. Ohne ein Einlenken der Leitung hätten sich die Gewichte weiter von der Warnow zur Trave verschoben. Obwohl die Auflage der OZ mit rund 155 000 Exemplaren in der Woche und 186 000 am Sonnabend deutlich höher ist als die der LN (110 000, Wochenende 127 000), hätte das Lübecker Druckhaus um 10 000 Exemplare an seinem Rostocker Pendant vorbeiziehen können.

Bei aller Erleichterung - ganz vom Eis ist die Kuh noch nicht. Geschäftsführung und Betriebsrat ringen weiter um die Frage, wie viele Mitarbeiter künftig in der neuen Weiterverarbeitung tätig sein sollen. Kontrovers diskutiert wird dabei auch über das Risiko, das die neue Technik mit sich bringt. Sollte die einzig verbleibende Linie wegen technischer Probleme ausfallen, würde die Zeitung ohne Beilagen ausgeliefert. So bewegt sich die Zeitungstechnik in Rostock auf noch dünnerem Eis, nachdem bereits 2006 aus zwei alten Druckmaschinen nur noch eine neue wurde.

19. Oktober 2010