Kartellamt ebnet Weg zu Einheitsmantel

Wettbewerbswächter ohne Handlungsmöglichkeiten: Das Kartellamt gibt grünes Licht für die Auflösung der Mantelredaktion beim Nordkurier.

Kartellamt kontrolliert schärfer

Wegen der besonderen Bedeutung des Pressemarktes gelten für ihn spezielle Regelungen zur Fusionskontrolle. Unternehmenszusammenschlüsse müssen bereits beim Kartellamt angemeldet werden, wenn die beteiligten Verlage einen gemeinsamen Umsatz von 25 Millionen Euro erzielen. Allgemein gilt eine Grenze von 500 Millionen Euro Gesamtumsatz.

In der Vergangenheit gab es mehrfach Versuche, diese Sonderregelungen aufzuweichen. Sie waren in den 70-er Jahren als Reaktion auf eine Welle von Übernahmen kleinerer Blätter durch große Verlage („Zeitungssterben“) eingeführt worden.

Das Bundeskartellamt hat die geplante Beteiligung des Kurierverlags an der mv:m-Redaktions GmbH knapp eine Woche nach Antragsstellung genehmigt (Aktenzeichen: B6-10/09). Damit kann der Verlag einen 50-prozentigen Anteil an der im Oktober 2008 ausgelagerten Mantelredaktion der  Schweriner Volkszeitung übernehmen, die ab April auch Seiten für das Neubrandenburger Blatt liefern soll.

Entsprechend soll die derzeit etwa 30-köpfige Mantelredaktion des Nordkurier radikal zusammengestrichen werden. Kündigungen stehen ebenso im Raum, wie die Versetzung von Journalisten in andere Teile des zwischenzeitlich in mehr als einem Dutzend (tariflosen) Firmen zerlegten Verlages. Ob es der kleinen Restmannschaft tatsächlich gelingen wird, die Angebote der Schweriner „Dienstleister“ (O-Ton der Geschäftsführung) zu „veredeln“, wird bezweifelt. „Eigenständigkeit setzt entsprechende Ressourcen voraus“, so DJV-Landesvorsitzender Kai Voigtländer, der die weitere Einschränkung der in Mecklenburg-Vorpommern ohnehin stark unterentwickelten Pressevielfalt fürchtet.

Ernst Heilmann vom ver.di-Landesbüro bedauert die Entscheidung des Kartellamtes: „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das vorhandene Kartellrecht offenbar kein geeignetes Instrument ist, um den publizistischen Wettbewerb zu schützen.“ Umso dringlicher sei es, die politischen Rahmenbedingungen an die veränderte Situation anzupassen und etwa durch eine Änderung des Landespressegesetzes die Unabhängigkeit der Redaktionen zu stärken.

23. Januar 2009