Madsacks nächster Griff an die Ostsee-Küste

Nachdem der Zukauf der bislang von Springer gehaltenen Anteile genehmigt ist, unternimmt der Hannoversche Madsack-Verlag weitere Anstrengungen, den Einfluss auf die norddeutschen Regionalzeitungen zu erweitern. Gewinnt die Kooperation der Titel damit an Dynamik?

Springer geht wieder auf Einkaufstour

Ein Mann schnell wechselnder Einsichten? Kaum sind – nach eigenem Bekunden mangels Perspektive – die Beteiligungen an den norddeutschen Regionalzeitungen verkauft, wittert Springer-Chef Mathias Döpfner neue Kauf-Chancen - ausgerechnet bei Regionalzeitungen! Den Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten ließ er wissen, dass sich gerade angesichts der Wirtschaftskrise gute Aussichten böten, Anteile zu erwerben. Zumindest die Perspektive auf die Mehrheit sollte es allerdings sein.

Der Manager, der unter anderem mit dem gründlich missratenen Ausflug ins Postgeschäft (PIN AG) für Schlagzeilen gesorgt hat, schätzt die Folgen realistisch ein: Die Zahl der unabhängigen Zeitungen werde weiter sinken. Eine noch dramatischere Konzentration erwartet Döpfner fürs Online-Geschäft.

Exakt zum Ablauf der Frist kam vom Bundeskartellamt die Freigabe für Antrag B6-25/09 („Produktmärkte: Zeitungen“): Der Madsack-Verlage darf Springers Anteile an den Lübecker Nachrichten (LN), den Kieler Nachrichten (KN) und der Leipziger Volkszeitung sowie diverse Anzeigenblätter übernehmen. Die Ostsee-Zeitung gehört, als nunmehr 100-prozentige Tochter der LN, ebenfalls zu dem Verbund, der öffentlich bereits als „Lübecker-Nachrichten-Gruppe“ bezeichnet wird.

Noch legen die Manager Wert auf die Feststellung, dass die Gruppe formal nicht dem Konzern angehört, da man unmittelbar nur unterhalb der 50-Prozent-Marke beteiligt sei.

Das könnte sich bald ändern: Offenbar ist die Hanseatische Verlagsbeteiligungs AG (HVB) das nächste Ziel der Expansion gen Norden. Das Anfang der 90er Jahre gegründete Unternehmen, das nicht nur über die Person des Aufsichtsratsvorsitzenden  Peter Tamm aufs engste mit Springer verbunden war, erwarb in der Vergangenheit stets Anteile an jenen Blättern, bei denen der „Bild“-Konzern selbst aus kartellrechtlichen Gründen nicht zum Zuge kommen konnte. So gehören 24 Prozent an den Lübecker Nachrichten und 24,5 Prozent an den Kieler Nachrichten ins HVB-Portefeuille. 23 Prozent an der Firma hielt Springer selbst, unterstützt von weiteren Eigner wie der Vereins- und Westbank AG.

Springer hat seinen Anteil bereits an Madsack abgegeben. Branchenkenner gehen davon aus, dass man in Hannover gegenwärtig die Übernahme des Restes vorbereitet. Ein Widerstand des Kartellamts gilt als unwahrscheinlich.

Trifft das Szenario zu, würde die „Lübecker-Nachrichten-Gruppe“ zu über 70 Prozent zu Madsack gehören und womöglich bald um Kiel – dann zu 49 Prozent in der Hand von Hannover – erweitert werden. Die Zusammenarbeit der Verlage längs der Ostsee-Küste ist schon länger ein Traum der Manager: 2004 wurde die Unternehmensberatung Schickler ausgeschickt, um Synergie-Potenziale zwischen LN, OZ und KN zu identifizieren. Doch während zwei Jahre später durch eine Vereinheitlichung der Leitungen in Lübeck und Rostock die Weichen zur immer engeren Kooperation zwischen den beiden Häusern gestellt wurden, hielt Kiel sich bislang abseits. Doch war die Gemeinschaftsredaktion RSG von Anfang an darauf angelegt, weitere Abnehmer mit Mantelseiten zu beliefern. Einer von vielen (Spar-)Ansätzen, den Madsack mit einer neu erworbenen Machtstellung forcieren könnte.

9. April 2009