Aus für Lübeck-Rostocker Gemeinschaftsredaktion

Madsack schlägt im Norden zu: Überregionale Nachrichten von Ostsee-Zeitung und Lübecker Nachrichten kommen bald nur noch aus der Zentralredaktion des Medienkonzerns in Hannover. Die erst 2008 in Lübeck für beide Blätter gegründete Gemeinschaftsredaktion RSG wird aufgelöst. Rund ein Drittel der Redakteursstellen an der Trave soll wegfallen. Die Betroffenen rüsten zur Gegenwehr.

Zwei Wochen vor dem offiziellen Amtsantritt der neuen Geschäftsführerin Stefanie Hauer bei Ostsee-Zeitung (OZ) und Lübecker Nachrichten (LN) hängt der Haussegen an Warnow und Trave kräftig schief. Vielleicht hätte die Botschaft ja wirklich nicht in das Kaffeekränzchen gepasst, zu dem die Ex-„Zeit“-Managerin die Mitarbeiter beider Häuser per Serienbrief eingeladen hat – also ließ Interims-Chef Adrian Schimpf in die Katze aus dem Sack: Die 2007 gegründete Gemeinschaftsredaktion beider Blätter, die Redaktions-Service-Gesellschaft (RSG), wird aufgelöst und ihre Aufgaben durch das Madsack-eigene Redaktions-Netzwerk-Deutschland (RND) mit Sitz in Hannover übernommen. Im Zuge dessen soll rund ein Drittel der journalistischen Stellen in Lübeck abgebaut werden.

Mit dieser Botschaft sorgte die Leitung bei der eilig zusammentrommelten Redaktionsmannschaft in Lübeck für einen schwarzen Freitagnachmittag und ein unruhiges Wochenende. Genaue Zeitpläne wurden nicht genannt. Selbst der örtliche Betriebsrat war offenbar erst im letzten Moment informiert worden. In Rostock schwiegen die Chefs erst mal weiter – die Nachricht sickerte eh von selbst durch.

Zuvor waren die immer besorgter nachfragenden Arbeitnehmervertreter an beiden Standorten über Wochen hingehalten worden: Man befinde sich in einer „Kennenlernphase“, alles werde „ergebnisoffen geprüft“.

Nun wird endgültig klar, warum die seit Mitte Mai in Rostock und Lübeck unumschränkt regierende Mediengruppe mit Stammsitz Hannover so auf den Abschluss eines Tarifvertrags über Altersteilzeit für die beiden Blätter und ihre Tochterfirmen drängt. Die sich abzeichnende, durchaus positive Regelung soll offenbar den Kahlschlag im Zuge des Kürzungs-Programms „Madsack 2018“ etwas kaschieren. In vergleichbarer Weise hatte der Konzern, dessen größter Einzelgesellschafter die SPD-Medienholding ddvg ist, bereits bei den Kieler Nachrichten agiert, an denen er fast die Hälfte der Anteile hält.

„Nach Kiel steht in Lübeck und auch in Rostock eine regelrechte Entkernung bevor“, sagt Martin Dieckmann, Leiter des Fachbereichs Medien bei der Gewerkschaft ver.di im Norden. „Von Hannover als Konzernzentrale aus kann man Zahlen rechnen, aber man erreicht dann die Menschen an der Ostsee nicht mehr. Zeitungsverlage leben im hohen Maße von der Verbundenheit der Menschen in der Region mit ihrer Zeitung. Das trifft besonders auf alle Beschäftigten in den Verlagen zu. Wenn ein Konzern das nicht berücksichtigt, setzt er alles aufs Spiel, was ihn wirtschaftlich trägt.“

Gemeinsam mit dem Deutschen Journalisten-Verband kündigte ver.di umgehend Widerstand mit eigenen tariflichen Forderungen zur Standort- und Beschäftigungssicherung an. In einer ähnlichen Situation hatten etwa die Beschäftigten der Ostsee-Zeitung 2009/10 in sich über Wochen hinziehenden Arbeitskampf die Schließung der Anzeigenproduktion verhindert und mehrere Dutzend Stellen gesichert.

Aktuell konzentriert sich die Diskussion in Rostock auf die dort offenbar geplante Umstellung der Lokalseiten-Produktion an zentralen Newsdesk-Standorten, die mit einem entsprechenden Stellenabbau einhergehen könnte. Die betrieblichen Tarifkommissionen von ver.di und DJV haben Eckpunkte für einen Tarifvertrag zu dieser Thematik erarbeitet.
19. September 2015