Studie: Gute Noten für Polit-Berichterstattung im Nordosten

Die Universität Rostock hat im Wahljahr 2013 das Wechselspiel zwischen Medienarbeit der Parteien in Mecklenburg-Vorpommern und dem journalistischen Angebot der drei Tageszeitungen untersucht. Dabei schneiden die Blätter insgesamt respektabel ab, es gibt aber auch Kritik.

Politiker und Journalisten in Mecklenburg-Vorpommern wahren grundsätzlich professionelle Distanz. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Instituts für Medienforschung an der Universität Rostock. Nur ein verschwindend geringer Teil der Artikel in der Ostsee-Zeitung (OZ), der Schweriner Volkszeitung (SVZ) und dem Nordkurier basieren demnach auf Veröffentlichungen der Parteien. Für ihre von der Hans-Böckler-Stiftung unterstützte Arbeit durchforsteten die Forscher einmal im Mai und einmal im September kurz vor der Bundestagswahl insgesamt rund 500 Pressemitteilungen von SPD, CDU, Bündnis 90/Grüne, Die Linke sowie FDP und knapp 800 Beiträge in den drei Blättern.

Dabei zeigte sich, dass die Parteien in der Region unterschiedlich aktiv in ihrer Pressearbeit sind. So veröffentlichte die Linke gut sechsmal so viele Pressemitteilungen wie die FDP. Kurz vor dem Urnengang im September wurde der Output gesteigert. Es standen nun hauptsächlich Ankündigungen und Pläne im Sinne von Partei-PR im Vordergrund.

Die Zeitungen verstärkten allerdings wider  Erwarten kurz vor der Bundestagswahl ihre Berichterstattung nicht. Es gab sogar einen gegenteiligen Effekt: Die Berichterstattung über Bundespolitik ging zurück. Das Großereignis verdrängte demnach offenbar andere politische Themen von den Seiten.

Die Großen dominieren die Aufmerksamkeit

Partei Ostsee-Zeitung Schweriner Volkszeitung Nordkurier Gesamt
CDU 159 / 30,1 % 137 / 29,4 % 99 / 32,4 % 395 / 30,4 %
SPD 160 / 30,3 % 143 / 30,7 % 102 / 33,3 % 405 / 31,1 %
Bündnis 90/Grüne 80 / 15,2 % 68 / 14,6 % 39 / 12,7 % 187 / 14,4 %
FDP 62 / 11,7 % 52 / 11,2 % 37 / 12,1 % 151 / 11,6 %
Die Linke 67 / 12,7 % 66 / 14,1 % 29 / 9,5 % 162 / 12,5 %
Gesamt 528 466 306 1300
Ebenso bemerkenswert: In der Schwerpunktsetzung bei einzelnen Themengebieten wie Kultur, Wirtschaft oder Umwelt gibt es eine hohe Übereinstimmung zwischen der Medienarbeit der Parteien und den Veröffentlichungen in SVZ, Nordkurier und OZ. Ein Indiz für ein gewisses „Schwimmen im Maintream“ fanden die Wissenschaftler bei der Analyse der in der Berichterstattung genannten Politiker: Obwohl sich über 50 Prozent der in der Studie erfassten Beiträge mit regionalen oder lokalen Themen befassen, führt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Statistik uneinholbar mit über 100 Nennungen vor Peer Steinbrück (SPD, 57 Nennungen), Erwin Sellering (44), Till Backhaus (SPD, 39), Lorenz Caffier (CDU, 37) an. Demgegenüber fand sich selbst prominentes Personal der kleinen Parteien eher selten: Philipp Rösler (FDP, 20), Steffen Bockhahn (Linke, 12), Jürgen Trittin (Grüne, 10).

Dieser Befund gibt den Forschern Anlass zum kritischen Hinterfragen der journalistischen Qualität: Häufig ginge die Transparenz über die Quellen verloren, weil Zeitungen nicht mehr zwischen Amt- und Parteizugehörigkeit der Politiker differenzierten. „So sollten in Folgeprojekten stärker der Einfluss von Institutionen-PR und deren Einfluss auf den Lokaljournalismus in den Fokus genommen werden“, schreiben sie in ihrem Fazit.

Service: Die komplette Studie des Rostocker Instituts für Medienforschung zum Herunterladen als PDF-Datei finden Sie hier.
28. April 2014